Lyon 2017 – Gegenbesuch…im September – Schön war’s!

Und, wie wars? Schön wars! Anstrengend auch, gerade die erste Woche, wenn für die Schülerinnen und Schüler noch alles so neu ist und es so viel zu regeln gibt.
Und voller neuer Eindrücke sind wir seit dem 08. Oktober wieder zurück…
Aber nun von vorne:
Am 18. September war es soweit, erwartungsvoll stiegen die insgesamt zehn Auszubildenden mit der begleitenden Lehrkraft Laura Berndt in den Flieger via München nach Lyon.
Insgesamt eine nette Gruppe, so der Eindruck schon Wochen vor der Reise.
In Lyon angekommen wurden wir empfangen von einem unserer französischen Kollegen. Kleiner Wermutstropfen: Die Koffer – die waren nämlich noch in München. Aber spät abends kamen auch die…
Untergebracht waren wir im Ethic Etapes – CISL – Lyon, die Zimmer zweckmäßig, ein großer Tisch im Flurbereich wurde „unser“ Gruppentisch, die Verkehrsanbindung gut, das Frühstück eher einfach, typisch für Frankreich, denn die Franzosen legen auf das Frühstück deutlich weniger wert, als wir.
Die erste Woche war geprägt durch die Begrüßung in der Partnerschule, das Lycée Professionel Hélène Boucher Vénissieux/Lyon, den Tandemsprachkurs mit Sylvia Werner, einen Projekttag in der Schule, gemeinsam mit französischen Auszubildenden und den Besuch der Markthallen von Lyon, benannt nach dem berühmtesten Koch Lyons „Les Halles Paul Bocuse“. Ein französischer Köche-Kollege begleitete uns. Höhepunkt hier war das gemeinsame Verzehren von Muscheln, Austern und Seeigeln. Probiert haben alle, auch wenn dies für manchen von uns ungewohnte Produkte waren. Und die drei Köcheauszubildenden lernten, wie man Seeigel öffnet – das hatte bis dahin noch niemand von ihnen gemacht.
Die Vorstellungsgespräche in den Partnerbetrieben fanden zum Ende der ersten Woche statt. Eine Gebäudereinigungsfirma, ein Seniorenheim, ein Krankenhaus für die Gebäudereiniger. Zwei Novotels und ein Mercurehotel für die Hotelfachleute und Köche.
Mit Olympic Lyon in der ersten Liga hat die Stadt auch fußballerisch etwas zu bieten – ein Teil der Gruppe ließ es sich nicht nehmen, das Stadion zu besuchen und ein Spiel der Mannschaft anzusehen – Fanschals inklusive.

Am Samstag folgte der Besuch des 3-Sterne-Restaurants von Paul Bocuse in Collonges-au-Mont-d’Or. Hier sahen wir das Restaurant und die Küche, stellten erstaunt fest, dass sich etwas gändert hatte seit dem letzten Besuch: Es arbeiten zum ersten Mal auch Köchinnnen, bislang undenkbar, in der Küche, in der Patisserie… Als Andenken bekamen alle eine aktuelle Speisekarte geschenkt.
Am Nachmittag machten wir eine Bootstour auf der Saône. Das Wetter war herrlich warm.
In der zweiten Woche, begleitet durch Uwe Steggewentz, starteten unsere Auszubildenden ins Praktikum. Sehr nett empfangen wurden alle in ihren Betrieben. Einiges war sehr ähnlich oder gleich, aber es gab auch Unterschiede in den jeweiligen Berufen. Eine Empfindung hatte alle, unabhängig vom Beruf: Das Arbeiten ist nicht so gehetzt wie bei uns.
Die Hotelfachleute erfuhren im Bereich des Service, dass beim Eindecken von Tischen und beim Einsetzen von Tellern einiges anders ist, als in Deutschland. So werden zum Beispiel in Frankreich aus Gründen der Höflichkeit stets die weiblichen Gäste zuerst bedient.
Wenn in der Küche mit Convenience-Produkten gearbeitet wird, so wie in den Novotels zum Teil üblich, dann handelt es sich dabei oft um sehr hochwertige Produkte. Convenience muss nicht immer gleichbedeutend sein mit weniger Qualität. Und überaus wichtig ist das Mise en place.
Im Bereich der Gebäudereinigung spielt die Unterhaltsreinigung eine viel größere Rolle als die Objektreinigung. Entsprechend waren die Praktikumsbetriebe unter anderem ein Krankenhaus und ein Seniorenheim – auch, wenn unsere Azubis lieber im Bereich der Objektreinigung gearbeitet hätten, haben sie hier einen anderen Bereich kennen gelernt und sich dieser Herausforderung gestellt. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen haben sie sich trotz Sprachbarrieren über das berufliche Tun, über den Googleübersetzer, Englisch und ein bisschen Französisch trotzdem gut verstanden.
Selbstverständlich mussten wir das schöne Wetter ausnutzen – 25°C hatten wir häufig noch in den ersten beiden Wochen. In Lyon gibt es einen riesigen Park, den Parc de la Tête d’Or. Dieser bot sich für ein abendliches Picknick wunderbar an. Und so gab es Salat, Käse, Salami, und andere Leckereien, Saft, Wein und Bier. Eine Frisbeescheibe war auch mit von der Partie.
Am Samstag fand der zweite große Ausflug statt: Eine Fahrradtour entlang der Rhône. Bei gutem Wetter starteten wir, es ging 14 km entlang des Flusses – das Tempo war flott. Auf der Rücktour setzte Regen ein und bis auf die Knochen kamen wir nass wieder an…
Die dritte Woche war wieder geprägt vom Praktikum und natürlich von den Auswertungsgesprächen, der Rückmeldung aus den Betrieben. Gemeinsam mit jeweils einem französischen Kollegen/einer Kollegin besuchte Anja Niehoff die Auszubildenden im Praktikum.
Alle ernteten großes Lob. Gelobt wurde die Arbeitsweise. Viele der Chefs in den Betrieben waren erstaunt, welche fachlichen Fertigkeiten und welches Verständnis für Arbeitsabläufe unsere Auszubildenden des zweiten und dritten Ausbildungsjahres bereits mitbringen. Dies könnte den unterschiedlichen Ausbildungssystemen geschuldet sein: In Frankreich ist die Ausbildung in der Regel schulisch mit einigen Betriebspraktika, bei uns im Dualen System findet die Ausbildung in Betrieb und Schule statt. Auch Jobangebote gab es für unsere Schüler.
Einige Azubis haben durchaus Interesse, in Frankreich zu arbeiten später. Sowohl in den Betrieben dürfen sie sich melden als auch die französischen Kollegen haben ihre Hilfe angeboten. Die ersten Kontakte sind geknüpft…
Lisa, Köcheauszubildende, bekam von ihrem Küchenchef sogar den Auftrag, für einen Tag das Tagesmenü – ein deutsches Menü – zu planen und zu kochen. Das Menü kam bei den Gästen gut an. Alle vorbereiteten Portionen wurden verkauft. Ein Gast reservierte sich vom Dessert für den Abend gleich noch eins. Und die Vorspeise, der Lachssalat, wird in die Rezeptsammlung der Küche aufgenommen…
Typisch für Lyon sind die sogenannten Bouchons, rustikale Restaurants, in denen traditionelle Lyoner Gerichte serviert werden. „Bouchon“ bedeutet Korken, „bouchonner“ meint ein Strohbüschel zum Abreiben, das Wirte im Mittelalter an die Hauswand gelehnt haben, um zu signalisieren, dass hier Pferde gereinigt und versorgt und währenddessen Speisen und Wein serviert werden.
Ein Lyonbesuch ohne Essen im Bouchon ging natürlich nicht und so bestellten wir am vorletzten Abend einen Tisch im „Chabert&Fils“ und gingen traditionell essen.
Die Karte klang interessant, aber manche von den Zutaten dort, sind bei uns auf den Speisekarten längst verschwunden: Innereien – gefüllt, gekocht oder gegrillt – wie Nieren („rognons“), Kutteln und Pansen („tripes“), Magen, Kalbskopf („tête de veau“) mit Bäckchen, Hirn- und Zungenanteil und Blutwurst („boudin“).
Der klangvolle „saladier lyonnais“, der alles andere ist, als der Salat, den man sich vorstellt, je nach Variante aus Schafsfüßen, Leber, Hering, hartgekochten Eiern, Innnereienwurst und Croutons.
Außerdem die typischen „quenelles“ (Klößchen, meist aus Hechtfarce, mit Krebssauce), Stopfleber („foie gras“) und Froschschenkel („grenouilles“).
Wir probierten viele von diesen Gerichten. Das eine fanden wir richtig lecker, anderes wieder gewöhnungsbedürftig. Mindestens muss es nicht immer nur Steak, Schnitzel und Filet sein, um gut kochen und essen zu können… Und vom Tier alles zu verarbeiten, nicht nur Rücken und Keule, tritt auch bei uns wieder als gastronomischer Trend in Erscheinung.
Am Freitagabend waren wir ein letztes Mal zu Gast in unserer Partnerschule, nett bewirtet und verabschiedet mit Aperitif und Fingerfood. Eine französische Schülerin brachte ein von ihrer Oma traditionelles Lyoner Gebäck mit, auf dessen Rezept wir nun sehnsüchtig warten.
Am Samstag stand dann der letzte Programmpunkt an: Der Besuch eines Weinguts vor den Toren von Lyon mit Verkostung. Wir erfuhren viel über Wein und Weinanbau in diesem Gebiet, in dem schon die Römer Weinbau betrieben.
Unseren persönlichen Abschlussabend verbrachten wir in der „Fabryk“, einer uns liebgewonnenen Kneipe, nicht weit von unserer Unterkunft entfernt.
Die drei Wochen waren viel zu schnell vergangen und manch eine/einer wäre gerne noch länger geblieben.
Doch am Sonntag hieß es dann Abflug. Über Frankfurt nach Hamburg. Als wir dort auf unsere Koffer warteten, da wurden wir wieder an den Beginn der dreiwöchigen Reise erinnert:
Die Koffer kamen nicht – diesmal waren es aber nur drei Gepäckstücke, die fehlten…
An dieser Stelle sei Gilles David und Frédéric Boussand sowie ihren Kolleginnen und Kollegen gedankt für drei wunderbare und ereignisreiche Wochen. Am Abend der Verabschiedung an unserer Partnerschule sagte deren Schulleiter Monsieur Youssefi, seine Kollegen hätten von ihrem Besuch im Sommer in Kiel berichet und gesagt, sie wollten unseren Aufenthalt so gestalten, wie sie es bei uns erlebt hatten: „Comme à Kiel – comme les allemands“. Das haben wir als großes Lob empfunden und geben es als Kompliment gerne nach Frankreich zurück.

 Bis zum nächsten Mal – „à la prochaine“ – im Jahr 2019.

Laura Berndt – Anja Niehoff – Uwe Steggewentz

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